„Rucke di guh, rucke di guh, Blut ist im Schuh, der Schuh ist zu klein, die rechte Braut kann sie nicht sein“, klingt es im Weihnachtsmärchen im Opernhaus. Aschenputtel wird gerade gespielt und das Mädchen sitzt nicht daheim, wie im Originaltext, sondern ist zu einer Abenteuerin geworden. Sie hat auch nur eine Schwester namens Graziella und ihr Prinz ist auch nicht namenlos, sondern heißt Tristan. So lernte die 6a der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule am 15.12. eine ganz neue Interpretation des Grimm’schen Märchens kennen und konnte erfahren, wie nicht viele Tauben, sondern nur eine Hochzeitstaube namens Frieda das Mädchen Aschenputtel durch eine wunderbare Kulisse in den Wald zum Prinzen führte – eigentlich wollten beide keine Hochzeit – und wie sich die beiden doch ineinander verliebten. So verlor Aschenputtel schon bei diesem ersten Treffen im Wald vor dem Ball im Schloss ihren Schuh, der nicht kristallen war, sondern schmuddelig und voller Asche. Allerdings trennten sich ihre Wege wieder, der königliche Hofmeister, Ziegenbock Theophil von Bock, wollte durch Wahl der Braut des Prinzen wie bisher Einfluss auf die Regierung nehmen und ließ Aschenputtel sicherheitshalber in den Kerker werfen. Nachdem sie dann mit Hilfe des diplomlosen Gespensts Humphrey drei Hürden überwunden hatte – Aschenputtel musste aus dem Gefängnis entkommen, rostige Soldaten und eine riesige Spinne besiegen – brauchte sie nur noch den ewig schläfrigen Torwächter Sir Oswald in den Schlaf zu bringen und konnte zu ihrem Prinzen. Der hingegen wollte von allen anwesenden potentiellen Bräuten nichts wissen, und schickte auch Graziella hinfort, auch weil ihr zu großer Fuß beim Hineinzwängen in den Schuh zu bluten anfing. Die brach nach der Abfuhr in Tränen aus – bestärkt durch eine Aufforderung aus dem Publikum: „Heul doch!“ Schließlich fand sie aber in dem bösen Ziegenbock Theophil von Bock doch noch ihre Liebe und am Ende waren alle glücklich. Sogar Humphrey, der endlich sein Gruseldiplom erhielt. Wenn also auch modern, so war es doch auf jeden Fall ein Märchen, was wir – gestärkt durch Verpflegung vom Weihnachtsmarkt – anhand der im Unterricht vermittelten Kriterien auf der Busfahrt zur Schule zu erörtern versuchten.

So brauchte es für diese Interpretation des Märchens eine Besetzung von nur sechs Darstellern, denn die insgesamt elf Rollen wurden doppelt und dreifach besetzt. Man darf sich also nicht wundern, wenn der Prinz so blass wie ein Gespenst ist. Das Bühnenbild hat auch wirklich überzeugt: Vollmond in dunkler Nacht und ein Sternenhimmel umrahmen ein LED-beleuchteten Baum, während Glitzer blau glänzend vom Himmel fällt. Das Schloss, ebenso glitzernd, wirkt wie das Werk eines fünfjährigen Hundertwassers und fährt rund und bunt in die Höhe, wenn nach der Schlossszene die Verliesszene folgt. Allein dafür hat sich der Besuch schon gelohnt. Aber auch musikalisch konnte man sich erfreuen: „Ich wär’ so gerne gruselig,“ beklagt sich das Gespenst und im Lied wechselt gruselige, unheimliche Stimmung mit fröhlicher Partymusik – ein wunderschöner und gelungener Kontrast. Dieses Lied vom traurigem Gespenst aber auch alle anderen Lieder sind auf der Hörspielfassung zu finden, die käuflich zu erwerben war. Schauspielerisch waren sowohl Ziege als auch Taube ganz ihrer Rolle verfallen und der Freund der Spinne, die Kellerassel, war ausdrucksstark und wir beneideten ihn um sein tolles Kostüm. Mit Schwarzlicht die Bühne zu beleuchten, wenn vor dunklem Hintergrund die neonfarben gestalteten Spinnennetze sich bewegen und die neonfarben geschminkte Spinne tanzt, war auch eine grandiose Idee und brachte bestimmt die Kinder der 80er im Publikum ins Träumen an die Partykellervergangenheit damaliger Tage.

Wenn die 6a nächstes Jahr dann die 7a ist, haben wir allerdings andere Pläne, denn dieses Mitmachtheater ist großartig und der Humor wundervoll – aber nur bis zum Eintritt der Pubertät, nicht darüber hinaus. Also hier der Aufruf an alle GrundschülerInnen sowie FünftklässlerInnen: Wart ihr noch nicht im Weihnachtsmärchen? Dann schnell, hin da! Dieses Jahr war es wieder grandios. Und die Welt braucht definitiv mehr Glitzer!

Quelle Bilder: http://www.theater-kiel.de/schauspiel-kiel/programm/produktion/titel/aschenputtel/